Der Trabant P 601 im Winterbetrieb
Oldtimer im Winter? Mancher fährt vielleicht doch eine "Winterpappe". Die nachfolgenden Hinweise zum Winterbetrieb beanspruchen nicht die Zielstellung der Vollständigkeit. Es soll lediglich der wichtigste Handlungsbedarf genannt werden. Die sehr grob gefasste Gliederungsweise wurde rein praxisorientiert festgelegt.
Interessenten können hiervon ableiten, was an ihrem 601er noch erledigt werden muss oder aber auch optimiert werden kann, um noch besser durch den Winter zu kommen. Übrigens hat der Trabant 601 in seinem 26-jährigen Fertigungszeitraum schon für einige Generationen als wintertaugliches und robustes Familienfahrzeug dienen müssen. Damals, nicht als Kultfahrzeug aber schlichtweg alternativlos, meisterte er diese Aufgabe vorbildlich.
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1. Reifen
Der ideale Typ der Winterbereifung ist der klassische 145 R 13 in M+S plus Alpine-Symbol. Breitere Reifen sind in der Regel nutzlos und setzen die Sicherheitsvorteile für das relativ leichte Fahrzeug herab. Im Übrigen müssen die in den Fahrzeugpapieren eingetragenen Größenbezeichnungen der Bereifung eingehalten werden.
Winterreifen sind mit größeren Stollen ausgerüstet und eignen sich besonders für Fahrten bei Matsch und Schnee. Die bessere Griffigkeit dieser Reifen bei den oben genannten Fahrbahnverhältnissen wirkt sich günstig auf das Bremsen, Beschleunigen und Lenken aus.
Man ist gut beraten, von Oktober bis Ostern die Winterbereifung zu nutzen (Eselsbrücke: von O bis O). Hierbei geht es schließlich nicht nur um die eigene Sicherheit. (Bild 1, rechts: Beim Reifenkauf unbedingt auf das Alpine-Symbol achten. Quelle: 20171016x035, Foto/Grafik: GG, Freital)
Achtung! M+S allein ist kein geschütztes Markenzeichen und damit auch nicht die Garantie für einen wirklich echten Winterreifen. Nur in Verbindung mit dem Alpine-Symbol (Schneeflocke auf Gebirgshintergrund) ist der Reifen vom Hersteller eindeutig als Winterreifen definiert und wird als solcher auch versicherungsrechtlich anerkannt.
Sobald im Frühjahr normale Fahrbahnverhältnisse eingetreten sind, sollte wieder die Sommerbereifung verwendet werden, da diese bei trockenen Straßen eine bessere Bodenhaftung garantiert.
Ganzjahresreifen
Eine kostengünstige Alternative zum saisonalen Reifenwechsel zwischen Sommer- und Winterreifen bilden so genannte Ganzjahresreifen. Auch Ganzjahresreifen gibt es mit dem Alpine-Symbol, und auch sie sind damit eindeutig als Winterreifen definiert. Sie sparen eine doppelte Bevorratung des Reifensatzes und damit natürlich auch Geld. Sicherlich sind ausschließliche Winterreifen besser als Ganzjahresreifen, doch in manchen Situationen helfen eh nur Schneeketten oder der momentane Verzicht auf das Fahren.
Räder, Bereifung, Reifenluftdruck
Art: Scheibenräder mit Vierlochteilung
Felgengröße: 4 J x 13 H 1 X J 35-2
Bereifung: 5.20-13 oder 145 R 13
Reifenluftdruck in MPa (kp/qcm):
Limousine und Universal, vorn: 0,14 MPa (1,4 kp/qcm)
Limousine, hinten bis 335 kg Nutzmasse: 0,14 MPa (1,4 kp/qcm)
Limousine, hinten bis 385 kg Nutzmasse: 0,16 MPa (1,6 kp/qcm)
Universal, hinten bis 310 kg Nutzmasse: 0,14 MPa (1,4 kp/qcm)
Universal, hinten bis 390 kg Nutzmasse: 0,17 MPa (1,7 kp/qcm)
Wichtig: Bei Winterbereifung ist der Luftdruck um 0,02 MPa (0,2 kp/qcm) zu erhöhen. Zirka 50 Kilometer nach dem Radwechsel sind unbedingt alle Radmuttern auf festen Sitz zu überprüfen!
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2. Technik
Damit für den Winterbetrieb durch den Vergaser vorgewärmte Luft gezogen werden kann wird der Ansaugstutzen des Luftfiltergehäuses samt Deckel von der Richtung Kraftstofftank in die Richtung Abgaskrümmer gedreht. (Bild 2, links: Ansaugstutzen in Position Sommerbetrieb. Quelle: 20171016x014, Foto/Grafik: GG, Freital)
Die genaue Stellung erkennt man an den Profilvertiefungen in der Deckelwulst, wo die beiden Spannverschlüsse des Luftfiltergehäuses zur Fixierung eingreifen müssen. (Bild 3, rechts: Ansaugstutzen in Position Winterbetrieb. Quelle: 20171016x014, Foto/Grafik: GG, Freital)
Selbstverständlich wird bei dieser Arbeit auch der Luftfiltereinsatz, welcher im Sommer Unmengen an Staub schlucken musste, durch einen neuen Einsatz ersetzt.
Verschließung der zusätzlichen Motorraumbelüftung
Bei extrem kalter Witterung kann die zusätzliche Öffnung am Frontmittelteil von innen verschlossen werden (z.B. mit Pappe und Klebeband). Sie dient hauptsächlich beim Sommerbetrieb zur zusätzlichen Kühlung von Getriebe, Batterie, Bremsflüssigkeit und Heizungsgeräuschdämpfer. Ältere 601er haben abweichende Lüftungsöffnungen. (Bild 4, links: Zusatzöffnung im Frontmittelteil. Quelle: 20171016x001, Foto/Grafik: GG, Freital)
Elektrische Anlage
Auch die jüngsten Trabis sind mittlerweile in die Jahre gekommen. Die teilweise noch original eingebauten Batteriekabel (Minus und Plus) aus Aluminium haben längst ihren Zeitpunkt zur Verschrottung überschritten. Alternativ sollten umgehend diese Reliquien gegen Kupferkabel ausgetauscht werden. (Bild 5, rechts: Batteriekabel Minus und Plus. Quelle: 20171016x017, Foto/Grafik: GG, Freital)
Manch einer wird nachher glauben er hätte eine neue Batterie. Wichtig sind saubere und feste Kabelanschlüsse an der Batterie, welche mit Kontaktfett konserviert werden. Alle weiteren Kabelanschlüsse (Lichtmaschine, Anlasser, Zündspulen, Kerzenstecker, Fassungen und Lampensockel der Beleuchtung usw.) sollten fettfrei, korrosionsfrei und trocken sein. Dies gilt natürlich nicht nur im Winter!
Zündkerzen
Ein Kerzenwechsel im Herbst ist immer vorteilhaft. Der Trabant 601 benötigt Zündkerzen M 14 mit dem Wärmewert 225 (M 14 - 225). Der Abstand der Elektroden ist mit 0,6 mm vorgegeben. Mittels Fühlerlehre sollte auf alle Fälle diese Vorgabe überprüft und gegebenen Falls justiert werden. Auch bei neuen Kerzen!
Bei extrem kalter Witterung und ständigen Kurzstreckenfahrten kann der Abstand der Elektroden auf 0,5 ... 0,4 mm reduziert werden. Die Zündung arbeitet optimaler und der Motor springt besser an. (Bild 6, links: Die Zündkerzen befinden sich hinter dem Luftfiltergehäuse. Quelle: 20171016x015, Foto/Grafik: GG, Freital)
Wichtig: Bei einem Kerzenwechsel ist zu beachten, dass eine kalte Kerze in einem betriebswarmen Motor nicht zu fest angezogen werden darf, denn Aluminium (Zylinderkopf) besitzt einen relativ großen Ausdehnungskoeffizienten, so dass es sich beim Erkalten stark zusammenzieht.
Kraftstofftank
An der Tankunterseite befindet sich der Benzinhahn. Unmittelbar mit ihm verbunden ist der so genannte "Wassersack", eine graue Kunststoffkapsel. Diese wird abgeschraubt, entleert, gesäubert und wieder montiert.
Ein kleiner "Schnaps" in den Kraftstofftank (2 cl Spiritus auf eine 26 l Tankfüllung) bindet das sich im Winter häufiger bildende Kondenswasser und verhindert wirkungsvoll sein gefrieren in der Kraftstoffleitung bzw. im Vergaser. Diese relativ preiswerte und einfache Methode garantiert eine störungsfreie Kraftstoffzufuhr zur Maschine.
Fahrzeuge die im Winter länger als eine Woche abgestellt werden, sollten vorher maximal betankt werden. Die Kondensierungsfläche des Tankinneren wird dadurch minimiert. (Bild 7, rechts: Wassersack unter dem Kraftstofftank. Quelle: 20171016x015, Foto/Grafik: GG, Freital)
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3. Licht
Winterzeit ist Dunkelzeit! Früh mit Licht zur Arbeit, abends mit Licht zurück. Deshalb gehört eine ordnungsgemäße Scheinwerfereinstellung zur Wintervorbereitung dazu. Sie ist schon durch den Reifenwechsel zwingend erforderlich und wird häufig auch als kostenloser Service angeboten.
Ähnlich wie bei der Batterie empfiehlt sich auch bei der Glühlampenbestückung der vorbeugende Wechsel. Allerdings hier schon nach zwei bis drei Jahren, je nach Nutzungsdauer. Der Wechsel der Bestückung für Hauptscheinwerfer (H4 12 V, 60/55 W) und Nebelscheinwerfer (H3 12 V, 55 W) hat unbedingt beidseitig zu erfolgen. (Bild 8, links: Eine ordnungsgemäße Scheinwerfereinstellung gehört zur Wintervorbereitung dazu. Quelle: 20171016x014, Foto/Grafik: GG, Freital)
Scheinwerfereinstellung
Hauptscheinwerfer: x = 18 cm (bezogen auf 10 m Einstellentfernung)
Die Grundeinstellung hat bei leerem, aber fahrfertig ausgerüstetem und voll betanktem Fahrzeug bei Reflektorstellung "hoch" zu erfolgen!
Nebelscheinwerfer: H = 510 plus/minus 5 cm über Fahrbahn bis Mitte Nebelscheinwerfer
h = 230 minus 20 cm (bezogen auf 10 m Einstellentfernung)
Glühlampenbestückung
Scheinwerfer: 170 mm Lichtaustritt nach ECE-Regel 37
Fernlicht/Abblendlicht: H4 12 V, 60/55 W
Höhenverstellung: Tiefstellung ab 2 Personen und max. 50 kg
Standlicht: FZLD 12 V, 4 W - T 8/4
Schlusslicht: FZLE 12 V, 5 W - C 11
Blinklicht: FZLB 12 V, 21 W - P 25-1
Kennzeichenlicht: FZLE 12 V, 5 W - C 11
Bremslicht: FZLB 12 V, 21 W - P 25-1
Ladekontrolle: FZLD 12 V, 2 W
Blinkkontrolle: FZLD 12 V, 2 W
Fernlichtkontrolle: FZLD 12 V, 2 W
Instrumentenbeleuchtung: FZLD 12 V, 2 W
Innenbeleuchtung: FZLE 12 V, 5 W - C 11
Nebelschlussleuchte: FZLB 12 V, 21 W
Rückfahrscheinwerfer: FZLB 12 V, 21 W
Nebelscheinwerfer: H3 12 V, 55 W
Sicherungen
Anzahl: 7 Stück zu je 8 A und 1 Stück zu 16 A
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4. Sicht
Scheibenwischer und Scheibenwaschanlage sorgen für einen klaren Durchblick. Zweckmäßigerweise sollten die Wischerblätter jedes Jahr zweimal (Frühjahr und Herbst) gewechselt werden, da der Wischergummi durch die Witterungseinflüsse hart und spröde wird, wodurch eine verminderte Wischfähigkeit eintritt.
Schlechtere Sichtverhältnisse als notwendig, gerade bei Gegenverkehr mit Licht, sind die unmittelbaren Folgen bei einer Vernachlässigung dieser Wartungsarbeit. Es muss auch nicht gleich das komplette Wischerblatt gewechselt werden. Den Wischergummi gibt es auch als Meterware. So können die gebrauchten Wischerblätter mehrmals mit neuen Wischergummis versehen werden, ehe diese selbst erneuert werden müssen. (Bild 9, rechts: Wischerblätter und Sprühdüse. Quelle: 20171016x001, Foto/Grafik: GG, Freital)
Der Waschmittelbehälter der Scheibenwaschanlage ist mit Wasser und einem kombinierten Waschmittelzusatz (Antifrost-/Klarsicht) aufzufüllen. Das konkrete Mischungsverhältnis ist vom Hersteller am Verpackungsmittel angegeben.
Wartungsmäßig müssen noch die Schläuche und die Sprühdüse kontrolliert werden. An der elektrischen Pumpe gibt es kaum Probleme, daher wird sie hier bewusst vernachlässigt. (Bild 10, links: Waschmittelbehälter für eine mechanische Pumpe. Quelle: 20171016x017, Foto/Grafik: GG, Freital)
Bei Trabis mit mechanischer Pumpe (Handpumpe) wird diese vorsorglich aufgeschraubt und die Arbeitsflächen von Kolben und Zylinder reichlich mit Glyzerin eingestrichen. Bei der Demontage und Montage ist Fingerspitzengefühl angebracht, da der Kunststoff der Handpumpe sehr empfindlich ist. Im Anschluss lässt sie sich wieder leichter bedienen. Dieser Effekt hält eine ganze Weile an, zumindest bis zum Frühjahr. (Bild 11, rechts: Die mechanische Pumpe befindet sich äußerst links an der Instrumententafel. Quelle: 20171016x020, Foto/Grafik: GG, Freital)
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5. Batterie
Trotz Drehstromlichtmaschine und "wartungsfreier" Batterie empfiehlt sich, gerade bei Wenig- und Kurzstreckenfahrern, zumindest vor dem Einsetzen der ersten Frosttemperaturen eine Überprüfung des Ladezustandes. Bei der Vorgehensweise zum Laden der Batterie sind die Sicherheitsvorschriften und Vorgaben der Hersteller von Batterie und Ladegerät unbedingt einzuhalten!
Ist man im Winter tagtäglich auf die Zuverlässigkeit seines Trabanten angewiesen und hat vielleicht auch keine Garage zur etwas wärmeren Unterstellmöglichkeit, so ist man gut beraten wenn diese Batteriepflege aller ein bis zwei Wintermonate erfolgt. Die Batterie dankt es, in dem sie auch bei extrem niedrigen Temperaturen immer über genügend Starterkapazität verfügt. (Bild 12, links: Batterie Typ "12 V, 45 Ah". Quelle: 20171016x017, Foto/Grafik: GG, Freital)
Übrigens nach vier Winterbetrieben sollte die Batterie schon vorbeugend gegen eine neue ausgewechselt werden um einen überraschenden und stets ungelegenen Totalausfall zu vermeiden.
Typ
Typ: "12 V, 36 Ah" oder "12 V, 45 Ah" (ursprünglich: "12 V, 38 Ah")
Wichtig: Die Maße der Batterie (Höhe, Breite, Tiefe) sind beim Kauf sorgfältig zu überprüfen, damit es beim Einbau keine Probleme gibt. Bei laufendem Motor ist das Trennen der Batterie vom Motor nicht gestattet!
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6. Karosserie
Die Karosserie ist mit einem kombinierten Lackpflege- und Konservierungsmittel zu behandeln (Schutzwachskonservierung). Besonders anfällige Stellen sind die Wasserablaufrinnen von Motor- und Kofferraum, beide Türausschnitte und Einstiegsleisten, alle Radkästenoberflächen der Fahrzeuginnenseiten und im Motorraum der Batteriestandort und seine nähere Umgebung.
Alle Gummiprofile werden mit Glyzerin oder Talkum eingestrichen. Schwerpunkte bilden hierbei die Türabdichtungsprofile, die Fenstergummis und der Profilgummi der Kofferraum- bzw. Heckklappenabdichtung. Scharniere und Verschlussriegel sollten regelmäßig einige Tropfen Öl erhalten. Schließzylinder (Schlösser) sind mit Silikonöl zu pflegen. Glyzerin, mit einer Injektionsspritze in die Schließzylinder eingebracht, schützt zuverlässig und langzeitig vorm Einfrieren. (Bild 13, rechts: Neuralgische Stellen der Karosserie im Winter. Quelle: 20171016x011, Foto/Grafik: GG, Freital)
Der gesamte Unterboden- und Radschalenbereich, einschließlich der Federung und Achskörper wird mit Korrosionsschutzmittel (ehemals Graphitlösung) eingesprüht. Die Profilinnenseiten der Stoßstangen und der Lampenringe der Hauptscheinwerfer sollten hierbei mit einbezogen werden.
Wichtig: Gerade im Winter wo Nässe, extreme Temperaturschwankungen sowie Salze und Laugen des Straßenwinterdienstes vorherrschen sind zum Schutz der Karosserie und Fahrwerksbestandteile diese Maßnahmen von besonderer Wichtigkeit.
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7. Hilfsmittel
Im Koffer- oder Fahrgastinnenraum sollten immer einige nützliche Dinge als Hilfsmittel für den Winterbetrieb ihren Platz finden. Allerdings ist der handliche "Türschloss-Spray" im verschlossenen Fahrzeug garantiert nutzlos.
- Kanister mit Waschmittelzusatz (ca. 2 l)
- Satz Wischerblätter
- Flasche Spiritus (ca. 0,2 l)
- Flasche Glyzerin (ca. 0,1 l)
- Klarsichtschwamm
- Scheiben-Spray
- Schnee- und Eiskratzer
- Handfeger/Schneebesen
- Klappspaten oder kurzstielige Schaufel
- alte Decke
- kleiner Stoffsack mit Streusand (ca. 3 kg)
- Starthilfekabel
- Schneeketten (in Gebirgslagen)
Stand:10/2024
(Quelle: Technischen Daten "Betriebsanleitung für den Personenkraftwagen Trabant 601, 601 S, 601 S de luxe", 3. Auflage, plus Ergänzung zur Betriebsanleitung zum Modellpaket 1988, für Fahrzeuge der Serienfertigung ab 01.04.1988. Achtung! Alle Angaben sind ohne Gewähr! Für Fehler und den aus deren Nutzung resultierenden Schäden wird keine Haftung übernommen. Die kommerzielle Nutzung ist ausdrücklich untersagt.)
© GG, Freital 2004
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